Pilotstudie „Diskriminierungskritisch
fördern & ausschreiben!
Gute Forschung und Lehre sind divers! Und dennoch werden Eltern und andere Sorgeleistende im deutschen Wissenschaftssystem institutionell diskriminiert. Dies ging aus der vorliegenden Pilotstudie hervor, die das Netzwerk Mutterschaft und Wissenschaft in Kooperation mit den Netzwerken SAFI und WÆ und mit Förderung durch die Max-Traeger-Stiftung der GEW erarbeitet hat. Ziel war es, diskriminierende Tendenzen im Drittmittelsektor des deutschen Forschungsfördersystems gegen Eltern und unbezahlt Sorgenden zu analysieren und sichtbar zu machen. Zu diesem Zweck haben wir eine Online-Umfragestudie zu Diskriminierungserfahrungen von Eltern und weiteren unbezahlt Sorgenden in Zusammenhang mit Forschungsförderprogrammen durchgeführt, die knapp 140 Rückläufe erhielt.
Genannt wurden vielschichtige Diskriminierungserfahrungen, die unmittelbar die wissenschaftliche Arbeit und Karriere erschwerten. Zum Beispiel werden Deadlines als diskriminierend empfunden, die direkt nach Weihnachten bzw. in oder nach den Schulferien liegen. Sie könnten durch sogenannte „Rolling Deadlines“ ersetzt werden, innerhalb derer Förderanträge fortlaufend während eines bestimmten Zeitraums entgegengenommen werden. Altersbegrenzungen als Zugangskriterium für Förderanträge betrafen insbesondere Mütter, die aufgrund von Teilzeiten, fortwährenden Betreuungsverpflichtungen und Familienarbeit als „zu alt“ von der Förderung ausgeschlossen wurden. Hier sollte entweder eine standardisierte Berechnung eines akademischen Alters abzüglich der Betreuungs- und Pflegezeiten anstelle des Lebensalters erfolgen oder Alter als Kriterium grundsätzlich abgeschafft werden. Die Fördersätze waren teilweise zu niedrig, um davon leben bzw. eine Familie ernähren zu können, weswegen diese durchgehend auf ein angemessenes Niveau angehoben werden müssen. Kinderbetreuung auf Konferenzen und Tagungen finanzieren zu können, fehlte ebenso vielen Befragten, wie auch ein substanzieller Familienzuschlag bei Auslandsaufenthalten.
Die nachhaltige Einbindung aller Talente und Potenziale in die Wissenschaft und Forschung ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine Frage von besseren Forschungs- und Projektergebnissen. Dennoch zeigen die vorliegenden Studienergebnisse eine große Varianz und massive Diskriminierung von Eltern und Sorgeleistenden im Drittmittelbereich des Wissenschaftssystems. Obwohl das Einwerben von Drittmitteln zu einem wesentlichen Faktor für den Erfolg einer wissenschaftlichen Karriere avanciert ist, gab es zu diesem Bereich der Benachteiligung in der akademischen Welt gibt es bisher kaum Forschung. Diese Forschungslücke weitergehend zu schließen ist aber dringend notwendig, denn es steht zu befürchten, dass in Folge des „Corona Gap“ eine ganze Generation von Wissenschaftler*innen samt ihrem Wissen verloren geht.