Mutterschaft und Wissenschaft

Mutterschaft bildet in der Wissenschaft eine mehrfache Leerstelle (vgl. Czerney/Eckert 2022). Historiographische Darstellungen über Mütter in der Wissenschaft sowie auch aktuelle Datenerhebungen von Elternschaft unter Wissenschaftler*innen sind kaum vorhanden. Mütter in Führungspositionen sind selten. Und Mutterschaft als Forschungsgegenstand ist in der deutschen feministischen Diskursbildung seit den 1990er Jahren marginalisiert (Reusch 2018). Mutterschaft scheint noch immer schwer in feministische Diskurse und ihrem Wunsch nach weiblicher Emanzipation integrierbar zu sein – noch immer stößt das Thema auf Unbehagen und Ablehnung.

Einen Grund für die fehlenden Mütter sehen wir in der Unvereinbarkeit der zwei sehr unterschiedlichen „materiell-diskursiven Choreografien“, die Mutterschaft und Wissenschaft gegeneinander ausspielt (Eckert 2020, S. 26). Es wäre und ist durchaus möglich, als Mutter wissenschaftlich tätig zu sein. Allerdings stehen die „Idealisierungen und Ideologisierungen“ (ebd.), die mit den beiden gesellschaftlichen Positionierungen einhergehen, einander diametral gegenüber und verhindern oft die sogenannte Vereinbarkeit.

Wissenschaftlerinnen realisieren dies meistens erst, wenn sie selbst Mütter geworden sind. Im Netzwerk Mutterschaft & Wissenschaft schildern viele Wissenschaftlerinnen, ihre Partnerschaften seien bis zur Geburt der Kinder gleichberechtigt gewesen, es jedoch danach einen Rückfall in klassische Rollenverteilungen gegeben habe, in dessen Konsequenz die Frauen den Großteil der Care- und Sorgearbeit übernehmen. Die Geringschätzung von Müttern in der Wissenschaft mündet oft in eine berechtigte Angst vor „Karrierestrafen“ (career penalties vgl. Correll et al. 2007), in das Verbergen (von Aspekten) der eigenen Mutterschaft und folglich in eine Isolation – auch von anderen Müttern. Der Mangel an Rollenvorbildern von Frauen, die offen mit den strukturellen Unvereinbarkeiten von ›Karriere und Kindern‹ umgehen, trägt zur Individualisierung gesellschaftlicher Probleme bei und führt oft zu Scham oder schlechtem Gewissen. Der Publikationsschwerpunkt „Mutterschaft und Wissenschaft“ vereint Publikationen zu diesen und weiteren Themen.

Beck, Rose Marie und Lena Eckert (2020): „…Man hat nicht nur einen wackeligen Boden unter sich, sondern zwei. Auf diesen Böden steht man im Spagat.“ Ein Interview mit Rose Marie Beck von Lena Eckert. In: Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds): Mutterschaft und Wissenschaft. Die Un_Vereinbarkeit von Mutter*bild und wissenschaftlicher Tätigkeit. Springer.

Czerney, Sarah und Lena Eckert (im Erscheinen) Mütterlichkeit in der Wissenschaft: warum die Wissenschaft einen maternal turn braucht. In: RdJB – Recht der Jugend und des Bildungswesens. Zeitschrift für Schule, Berufsbildung und Jugenderziehung, Heft 2.

Czerney, Sarah und Lena Eckert (im Erscheinen): Alma Mater – wo bist du? Ein feministisches Mütter-Manifest für mehr Sichtbarkeit von Sorgearbeit in der Wissenschaft. In:  Stefanie Dreiack und Diana Hillebrand-Ludin (Hrsg.) „Chancengleichheit. Perspektiven für die Hochschule. Eine Reihe der Koordinierungsstelle Chancengleichheit Sachsen“.

Czerney, Sarah und Lena Eckert (2024): Alma Mater auch für Mütter* – Vereinbarkeit von Familie und Wissenschaft. In: Andreas Keller und Yasmin Frommont (Hrsg.): “Perspektiven für Hanna. Dauerstellen für Daueraufgaben in der Wissenschaft“. Bielefeld: wbv Publikation, 111-127.

Czerney, Sarah und Lena Eckert (2022): Mutterschaft, Wissenschaft und Pandemie. Interview mit den Aktivist_innen und Herausgeber_innen der in 2022 erscheinenden Publikation „Mutterschaft und Wissenschaft: Pandemie als Brennglas“. In: Femina Politica 1/2023.

Czerney, Sarah und Lena Eckert (2022): „Pandemie als Brennglas. Eine Einleitung zu Erfahrungsberichten von in der Wissenschaft arbeitenden Müttern.“ In: Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds.)

Mutterschaft und Wissenschaft. Pandemie als Brennglas. Barbara Budrich. Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (2020)

Mutterschaft und Wissenschaft – eine Einführung. In: Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds) Mutterschaft und Wissenschaft. Die Un_Vereinbarkeit von Mutter*bild und wissenschaftlicher Tätigkeit. Springer.

Eckert, Lena und Anne Freese (im Erscheinen): Mütter, fehlende Chancengerechtigkeit und epistemologische Konsequenzen – Maßnahmen für eine „University Care Culture“. In: Astrid Franzke und Katrin Springsgut „Gleichstellung im Wandel – Neue Herausforderungen und Wege der Karriereentwicklung von Frauen in der Wissenschaft“. Roßdorf: Ulrike Helmer Verlag.

Eckert, Lena (im Erscheinen): „Alma Mater – Wo bleiben deine Mütter?“ Die Pandemie als Brennglas für den Ausschluss von Müttern aus der Wissenschaft. In: Stabsstelle Gleichstellung und Diversität der JGU Mainz (ed.) „Alma Mater – Wo bleiben deine Frauen? Universitäre Frauenförderung auf dem Prüfstand.“ Gutenberg Open Science.

Eckert, Lena (2024): Geleitwort „The writing angel or the angelic writer in the house“ – paradoxale (Text)Relationen? In: Vogelaar, Wiebke: Schreiben trotz Care Arbeit Strategien für Mütter in der Wissenschaft. Barbara Budrich.

Eckert, Lena (2020): Mutterschaftlerin – ein paradoxes Phänomen? In: Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds): Mutterschaft und Wissenschaft. Die Un_Vereinbarkeit von Mutter*bild und wissenschaftlicher Tätigkeit. Springer.

Eckert, Lena (2020): „Alle“ Gründe für und gegen das Mutterdasein als Wissenschaftler*in. In: Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds) Mutterschaft und Wissenschaft. Die Un_Vereinbarkeit von Mutter*bild und wissenschaftlicher Tätigkeit. Springer.

Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds.) (2022) Mutterschaft und Wissenschaft in der Pandemie. Kinder, Care und Krise. Barbara Budrich.
Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds.) (2021) DIY. Subkulturen und Feminismen. Alma Marta.
Czerney, Sarah, Lena Eckert und Silke Martin (eds.) (2020) Mutterschaft und Wissenschaft. Die Un_Vereinbarkeit von Mutter*bild und wissenschaftlicher Tätigkeit. Springer Verlag.